Evangelikale, deren Einfluss auf die Politik (in den USA) und die Rolle von Religion in Gesellschaft und Politik

Statt religiöser Einengung sollte vielmehr gelten:

Gewissensfreiheit.
Freie Wille.
Wissenschaft erklärt die Schöpfung – Freiheit der wissenschaftlichen Forschung.
Ein Gott oder göttliches Wesen greift nicht physikalisch in diese Welt ein.
Religiöse Bücher (Bibel, Koran, Thora …) und Aussagen müssen immer interpretiert werden – theologische Inhalte bedürfen einer stetigen Überprüfung.
Die Trennung von Staat und Religion ist eine notwendige Voraussetzung von Friede, Demokratie und Stabilität. Religion ist Privatsache.

Religiöser Einfluss auf die amerikanische Politik darf nicht unterschätzt werden. Evangelikale nehmen Einfluss auf die Politik der Republikaner. Viele tief konservativ religiöse Menschen sind die Basis dieser Partei und fordern einen christlichen, weiß dominierten und patriarchischen Staat mit strengen Moralvorstellungen. Obwohl Trump selber nicht sehr religiös ist und viele moralische Schranken überschritten hat, sehen noch viele in ihm ein Werkzeug Gottes.



Evangelikale üben in Amerika einen großen Einfluss auf die Politik aus. Insbesondere die Republikaner sind auf ihre Stimmen angewiesen. Es gibt zwar keine einheitliche evangelikale Kirche, jedoch berufen sich alle Menschen, die sich dieser Bewegung angeschlossen haben, alle auf die Bibel. 

Von der konservativen Seite wird ein familiäres patriarchisches Weltbild vertreten, dass der Maßstab ist. Weil es in den USA häufig an sozialen Einrichtungen fehlt, übernehmen diese Kirchen die Rolle und stellen beispielsweise Kitas zur Verfügung, aber auch Freizeiteinrichtungen. Das Angebot der Kirchen geht oft über das religiöse Angebot hinaus. Daraus auszutreten bedeutet auch aus der sozialen Sicherheit, die diese Kirchen bieten auszutreten.

Die Evangelikalen unterstützen Trump als Werkzeug Gottes, obwohl dieser nicht ihren Moralvorstellungen entspricht, aber das ist egal. Trump ist das kleinere Übel. Oft haben diese Bewegungen ein eingeengtes Weltbild und wollen eine christliche, weiß und patriarchisch geprägte USA. Die grenzen sich ab vom Islam und anderen Religionen. 

Die Evangelikale machen zwar nur rund ein Viertel der amerikanischen Bevölkerung aus, haben aber als Minderheit einen großen politischen Einfluss. Sie bilden die Basis der republikanischen Partei. Weil sie in der Minderheit sind und auch der Zeitgeist der Säkularisierung nicht an Ihnen vorbeigeht, werden die Gruppen zunehmend radikaler. Sie fühlen sich motiviert, weil sie meinen, den Willen Gottes zu verbreiten. Sie sind eine Gefahr für demokratische Strukturen, weil ihr Weltbild nicht demokratische ist. Zwar gibt es auch links liberale Gruppen, jedoch geben die streng Konservativen den Ton an.

Der Einfluss der Evangelikalen auf die Politik ist besorgniserregend. Nicht die religiöse Begrenzung des Horizontes und die moralische Disziplinierung, sondern Liebe, Nächstenliebe und Toleranz sollte das Weltbild einer Gesellschaft prägen. Das was für die Evangelikalen gilt kann in etwa genau so auf einen überzogenen Patriotismus und Nationalismus übertragen werden. Nicht selten sind Nationalisten auch Evangelikale oder anders herum.
Eckpunkte eines toleranten Weltbildes einer toleranten Gesellschaftsordnung sind meiner Meinung nach …

Gewissensfreiheit (Zitat) ist die Freiheit, Entscheidungen und Handlungen aufgrund des Gewissens, frei von äußerem Zwang, durchführen zu können. Eine gewissensfreie Handlung oder Entscheidung orientiert sich an Gut und Böse und an sittlichen, für den Einzelnen als verbindlich geltenden Kriterien. Eine gegen das Gewissen sprechende Entscheidung führt in der Regel zu einem individuellen Notstand. 

Gewissensfreiheit heißt nicht grenzenlose Freiheit oder bloße Willkür. Gewissen orientiert sich an Werten und gibt den Menschen die Freiheit zwischen „Gut“ und „Böse“ zu entscheiden. Jede Gruppe muss den Bedürfnissen und berechtigten Ansprüchen der anderer Gruppen Rechnung tragen. Es muss alles dem Menschen zugänglich gemacht werden, was er für ein menschliches Leben braucht.

Neben Nahrung, Kleidung und Wohnung ist es auch das Recht auf freie Wahl des Lebensstandes, Familiengründung, Erziehung, Arbeit, guten Ruf, Ehre, Schutz seiner privaten Sphäre und auch die Freiheit in religiösen Dingen.


Meiner Meinung nach ist das eigene Gewissen die letzte moralische Instanz.

Freie Wille (im Gegensatz zur Prädestination – Vorherbestimmung) Zitat: Für den Begriff freier Wille oder Willensfreiheit gibt es keine allgemein anerkannte Definition. Umgangssprachlich versteht man etwas anderes unter dem freien Willen als im juristischen oder psychologischen Sprachgebrauch. In der Philosophie wird der Begriff nicht einheitlich definiert. In einem fachübergreifenden Sinne gehört zur Willensfreiheit die subjektiv empfundene menschliche Fähigkeit, bei verschiedenen Wahlmöglichkeiten eine bewusste Entscheidung zu treffen.

Innerhalb des breiten Spektrums christlicher Kirchen neigen Theologen mancher Konfessionen heute stärker dazu, den freien Willen zu betonen als andere. So heben römisch-katholische Theologen den freien Willen des Menschen hervor: Es liege an jedem Einzelnen, die göttliche Liebe als Motivation bei Handlungen zu bevorzugen bzw. die Gnadengaben Gottes anzunehmen und er könne sich auch in Freiheit dazu entscheiden, sie abzulehnen (dies betont etwa Karl Rahner). 

In der katholischen Kirche hat sich allgemein die Auffassung von einer bleibenden Entscheidungsfreiheit des Menschen gegenüber den Gnadengaben Gottes durchgesetzt.

Auch die meisten Freikirchen, die nicht aus dem Pietismus entstanden sind, sehen einen freien Willen des Menschen als gegeben an. 

Lutherische und calvinistische Kirchen stehen dem tendenziell entgegen. 

Im Islam sind Prädestinationslehren weit verbreitet, doch haben Qadariten und Muʿtaziliten die Willensfreiheit des Menschen gelehrt. 

Auch im Hinduismus gehen einige Strömungen von Prädestination aus, andere betonen die Freiheit des Menschen. 

Der Buddhismus verneint die absolute Willensfreiheit, während die Idee der Willensfreiheit im Judentum ein zentrales Dogma darstellt. 


Meiner Auffassung nach ist es nicht richtig, weder im philosophischen Sinn wie auch im religiösen Sinn davon auszugehen, dass das Leben eines Menschen vorherbestimmt ist. Wesentliches Element menschlicher Entscheidung ist der freie Wille.

Wissenschaft erklärt die Schöpfung
Zitat: Katholischer Glaube und wissenschaftliche Erkenntnisse sind für Papst Franziskus kein Gegensatz. Der Urknall widerspreche nicht einer göttlichen Intervention, sagte das Kirchenoberhaupt… Die katholische Lehre und die wissenschaftliche Evolutionstheorie stehen für Papst Franziskus nicht in Konflikt miteinander.


Zitat: Und doch lehnen sehr viele Menschen die Evolutionstheorie ab. Es sind jene Gläubigen, die überzeugt davon sind, dass die Erde und das Leben, so wie es derzeit existiert, von Gott geschaffen wurden. Andere zeigen sich aufgeschlossener, halten jedoch an dem Glauben fest, dass Gott zumindest lenkend eingegriffen hat, damit schließlich der Mensch entstand. Doch auch das widerspricht der Evolutionstheorie, für die der Faktor Zufall eine grundlegende Rolle spielt. Das lässt sich nur schwer mit einem Plan Gottes vereinbaren.

Trotzdem gibt es gläubige Muslime und Christen, die davon überzeugt sind, dass sich ihr Glaube nicht wirklich mit der Evolutionstheorie vereinbaren lässt.

Besonders stark ist die Ablehnung der Evolutionstheorie in den USA verbreitet. Zwei Drittel bis drei Viertel der Bevölkerung sind überzeugt, dass Gott den Menschen entweder erschaffen oder seine Entwicklung gesteuert hat.

Besonders groß ist die Gruppe derjenigen, die die Evolutionstheorie ablehnen, unter den Muslimen, berichtet der Lehrer für islamische Religion, Turgut Demirci. Die große Mehrheit "erachtet die Evolutionstheorie nicht nur als falsch, sondern auch als mit dem Koran unvereinbar", so der Österreicher in seiner Magisterarbeit.

Wissenschaftliche Forschung müsse Gott als Faktor grundsätzlich außen vorlassen: Nicht, weil er nicht existiere, sondern weil Gottes Wirken sonst für jedes noch nicht verstandene Phänomen als Erklärung gelten könnte. Übernatürliche Erklärungen zuzulassen würde zum Stillstand im Forschungs- und Wissenschaftsbetrieb führen. Wissenschaftler müssten deshalb versuchen, die Wirklichkeit mit rationalen Methoden zu untersuchen und zu erklären.

Die Erzählungen der Schriftreligionen dagegen sollen sinnstiftend sein, so Demirci. Der Schöpfungsbericht des Koran sowie der Bibel müsste als eine Erzählung aufgefasst werden, mit der den Menschen ihre Endlichkeit, ihr Daseinszweck und ihre Verantwortung gegenüber Gott verdeutlicht werden solle. "Der Koran hat überhaupt nicht den Anspruch, [...] irgendwelche wissenschaftlichen Informationen zu vermitteln", zitiert Demirci den türkischen Professor für Koranexegese, Mustafa Öztürk von der Çukurova-Universität Adana. Er greife lediglich auf das Wissen und auf die Vorstellungen der Zeitgenossen Mohammeds zurück, um religiöse Lehren zu vermitteln, so Demirci.


Meiner Meinung nach sind Philosophie sowie Theologie und Naturwissenschaft zwei wissenschaftliche Gebiete, die nicht miteinander vermischt werden dürfen. 

Ein Gott oder göttliches Wesen greift nicht physikalisch in diese Welte ein.

Ich kann der Sichtweise von Anton Zeilinger weitestgehend zustimmen:

Zitat: Er ist beharrlich seinen Weg gegangen, und am Ende hat er dafür den Nobelpreis erhalten. Anton Zeilinger ist Quantenphysiker, beschäftigt sich also mit den kleinsten Teilchen der Welt, behält aber das grosse Ganze mit im Blick. Religion und Naturwissenschaft sind für ihn kein Widerspruch.

Dass man bei diesen Nachforschungen auch an ganz elementare Grenzen der Naturwissenschaft gelangt, etwa wenn es um den Zufall geht, spornt Zeilinger umso mehr an. Genau dort komme nämlich die Theologie auf ihre Kosten. Einen Widerspruch zwischen Religion und Naturwissenschaften gibt es für den Quantenphysiker nämlich einzig, wenn beide die jeweiligen Zuständigkeitsgrenzen übertreten.


Ich meine, dass Wissenschaft frei von religiöser Einflussnahme und Beeinflussung forschen muss.

Religiöse Bücher (Bibel, Koran Tora…) und Aussagen müssen immer interpretiert werden – thologische Inhalte bedürfen einer stetigen Überprüfung

Zitat: Die Religionsphilosophie ist eine philosophische Disziplin, die die Erscheinungsformen und den theoretischen Gehalt von Religion bzw. Religionen zum Gegenstand hat. Sie versucht, systematisch und rational Antwort zu geben auf Fragen nach der Vernünftigkeit religiöser Aussagen, nach Wesen und Formen von Religionen und ihrer praktischen Bedeutung im Leben des Menschen. Sie kann sich auch als Religionskritik oder als sprachphilosophische Analyse der Form religiöser Sprachen manifestieren.

Anders als die Religionswissenschaft ist die Religionsphilosophie keine rein empirische Disziplin. Eine ihrer wichtigsten Fragen ist vielmehr die nach der Vernünftigkeit von Religion und Glauben. Im Unterschied zur Theologie ist für sie die Antwort auf diese Frage grundsätzlich offen. Zwar bemüht sich auch die Fundamentaltheologie um eine rationale Durchdringung des Glaubens, doch geschieht dies in ihr in der Form einer Rechtfertigung. Im Gegensatz zur Religionsphilosophie wird in der Theologie in letzter Instanz immer der Glaube und nicht die Vernunft als Maßstab des zu Glaubenden angesehen.

Im Unterschied zur Religionswissenschaft gibt es viele Theologien. Eine Theologie bezieht sich immer auf eine bestimmte Religion. Der Theologe beschreibt, erläutert und systematisiert nicht nur wie der Religionswissenschaftler die Glaubensinhalte der betreffenden Religion, sondern vertritt diese und macht selbst religiöse Aussagen. Die Aufgabe einer Theologie ist es, die Glaubensinhalte der betreffenden Religion zu erhellen und zu entfalten. Sie bemüht sich um eine begriffliche Klärung und Bestimmung von Glaubensinhalten und verwendet dabei wissenschaftliche Methoden.


Meiner Meinung nach bedürfen religiöse Schriften immer der Interpretation der Zeit in der wir leben. 

Die Trennung von Staat und Religion ist eine notwendige Voraussetzung von Demokratie und Stabilität. Religion ist Privatsache. 

Zitat: Die Säkularisierung (von lateinisch saeculum ‚Zeit‘, ‚Zeitalter‘; auch: ‚Jahrhundert‘) bedeutet allgemein jede Form von Verweltlichung, im engeren Sinne die durch den Humanismus und die Aufklärung ausgelösten Prozesse, welche die Bindungen an die Religion gelockert oder gelöst und die Fragen der Lebensführung dem Bereich der menschlichen Vernunft zugeordnet haben. Soziologisch wird dieser Prozess als „sozialer Bedeutungsverlust von Religion“ interpretiert. Während eine Säkularisierung in der jüngeren Geschichte vor allem in westlichen Gesellschaften zu beobachten gewesen ist (Entchristlichung), sind säkularisatorische Tendenzen inzwischen auch in vielen anderen Gesellschaften feststellbar.

In der westlichen Welt gilt die Trennung zwischen Staat und religiösen Institutionen für weite Teile der Gesellschaft als erstrebenswerte und notwendige Voraussetzung für eine demokratische Gesellschaftsform. In der säkularen Demokratie sind nicht religiös fundierte Glaubenssätze, sondern der Wille der Wähler, das Gemeinwohl sowie bürgerliche Werte wie Freiheit, Gleichheit und Solidarität die Richtschnur des politischen Handelns.


Zitat: Die Frage, was eine Gesellschaft "zusammenhält", wird im Zusammenhang mit liberalen Rechtsordnungen besonders intensiv diskutiert. Das mag angesichts des Scheiterns der Großtotalitarismen des 20. Jahrhunderts, die sich stets ihres "sozialen Zusammenhalts" rühmten, erstaunlich erscheinen. 

Andererseits besteht in der Tat ein Erklärungsbedarf, warum ausgerechnet eine der individuellen Freiheit verpflichtete Gesellschaft tatsächlich in vielen Fällen äußerst stabil sein kann – stabiler jedenfalls als die meisten Kritiker ihr zugestehen. Die klassische Erklärung, warum dies so ist, hat der Verfassungsrichter Ernst-Wolfgang Böckenförde in dem berühmten Diktum zusammengefasst: "Der freiheitliche, säkularisierte Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht garantieren kann.

Dieser Satz wird in der Regel – wenngleich arg verkürzt – so interpretiert, dass der Religion eine besondere Rolle als nicht freiheitsimmanenter Stabilisator einer freiheitlichen Ordnung zukommt. Um die Frage zu beantworten, welche Rolle Religion tatsächlich bei der Garantie des freiheitlich säkularisierten Staates spielt, muss geklärt werden, auf was sich die dadurch gewonnene soziale Kohärenz denn bezieht.

Zusammenhalt entsteht in der Regel in überschaubaren Gruppen oder in Solidargemeinschaften mit gemeinsamen Zielen und Werten. Dem steht allerdings entgegen, dass eine moderne freie Gesellschaft gerade dies nicht ist. Der Ökonom und Sozialphilosoph Friedrich August von Hayek hat in diesem Zusammenhang von einer extended order gesprochen. Dabei handelt es sich um eine Gesellschaft, die arbeitsteilig, globalisiert und nicht zentral gesteuert ist, und die das verstreute Wissen und die Verschiedenartigkeit menschlicher Zielvorstellungen für die Menschen vorteilhaft nutzt. 

Es handelt sich also um eine "offene Gesellschaft" die eben gerade nicht auf solidarischen Gemeinschaftswerten und gemeinsamen Zielen und Werten basiert, sondern auf abstrakten Regeln und einem Pluralismus, der die Möglichkeit einer permanenten Hinterfragung der von Böckenförde beschworenen Wertevoraussetzungen impliziert. Das bedeutet allerdings nicht, dass eine liberale Ordnung voraussetzungslos existiert und der vollständigen sozialen Atomisierung ausgesetzt ist. 

Wie Ralf Dahrendorf es einmal formulierte, gibt es in einer liberalen Ordnung zwischen Bürger und Staat auch immer Ligaturen, das heißt "tiefe kulturelle Bindungen, die Menschen in die Lage versetzen, ihren Weg durch die Welt der Optionen zu finden". Dies leitet sich aus der Erkenntnis ab, dass die Sozialisierung des Individuums in Hinsicht auf eine "abstrakte" und offene Gesellschaft nur in den geeigneten kleinteiligen und personalisierten gesellschaftichen Räumen stattfinden kann, die mit entsprechender Bindungskraft ausgestattet sind – man denke etwa an Familien oder Vereinsstrukturen.

Die Frage, ob und wie das auch für Religionsgemeinschaften gilt, ist eine, die empirisch beantwortet werden müsste. Religionsgemeinschaften bilden in diesem Zusammenhang insofern einen Sonderfall, als dass aus der Universalität ihres Gültigkeitsanspruchs häufig ein Ausschließlichkeitsanspruch einhergeht. In der Praxis erfahren diese Ansprüche häufig Modifikationen und Abschwächungen. Wahrscheinlich enthält auch jede Religion einen humanitären Kern, der sie von bestimmten gewalttätigen Durchsetzungsstrategien abhält. 

Dieser scheint je nach Religion unterschiedlich deutlich ausgeprägt zu sein. Empirisch scheint auch belegt zu sein, dass ein religiös pluralistisches Umfeld die Wahrung eines religiös freiheitlichen Ordnungsrahmens begünstigt, während eine "monopolistische" Religion ihn tendenziell gefährdet.

Zumindest im Konfliktfall scheint Religion daher kein Garant sozialer Kohäsion zu sein. Stattdessen könnte sich der innere Zusammenhalt der einzelnen Gemeinschaften verschärft gegen den consensus juris der Gesamtgesellschaft richten. Der Konfliktforscher Jo-Eystein Lindberg hat hierzu entscheidende Erkenntnisse gesammelt: 

Offensichtlich intensivieren und verlängern religiöse Hintergründe Bürgerkriegskonflikte in statistisch signifikantem Ausmaß (das heißt, dass die Opferzahl steigt). Dies gilt bezeichnenderweise nicht nur für autoritäre Regime, sondern in gleichem Maße für Demokratien, die allgemein weniger kriegerisch sind.

Dies wirft die Frage auf, welchen Einfluss Religion im "Normalfall", außerhalb von Bürgerkriegssituationen auf die Rechtsordnung im Allgemeinen und die freiheitliche Rechtsordnung im Speziellen ausübt. Auch hier liegen empirische Daten vor. Dazu gehört vor allem der regelmäßige World Values Survey, der unter anderem die Religiosität von Gesellschaften (den Anteil der Menschen, die Religion persönlich für unwichtig, wichtig oder sehr wichtig halten) misst. Diese Daten kann man mit dem Failed States Index korrelieren. 

Der vom amerikanischen Fund for Peace und der renommierten Zeitschrift "Foreign Policy" herausgegebene Index klassifiziert die Staaten der Welt nach der Stabilität ihrer Rechtsordnung. Am Ende stehen die "gescheiterten Staaten" (wie etwa Somalia oder Afghanistan), an der Spitze stabile Staaten (wie die Schweiz oder Finnland).

Das Bild, das sich hier ergibt, ist eindeutig. Der Durchschnittsanteil der sehr Religiösen im instabilsten Drittel der Staaten dieser Welt liegt bei 80,1 Prozent, während er bei den stabilsten Rechtsordnungen 26,8 Prozent beträgt. Eine sehr starke und anteilsmäßig dominante Religiosität geht also tendenziell mit einem großen Moment der Destabilisierung einher. In Deutschland halten 11,2 Prozent Religion für sehr wichtig, 22,7 immerhin für einigermaßen wichtig. Dem stehen 66 Prozent gegenüber, die Religion für wenig oder gar nicht wichtig in ihrem Leben halten.

Natürlich darf man sich durch solche Korrelationen – die man nicht einfach mit Kausalitäten gleichsetzen kann – nicht zu vereinfachten Interpretationen hinreißen lassen. Eindeutig ist jedoch, dass Religion nicht per se als Voraussetzung oder Garant liberal-säkularer Staatswesen gelten kann, ja dass sie sogar in "hoher Konzentration" eine große Gefährdung sein kann. Wirklich kompatibel scheinen Religionen und liberale Ordnungen vor allem dort, wo der Säkularismus als gesellschaftliches Leitbild über beträchtliche Stärke verfügt, das heißt mehrheitsfähig ist. Das stellt nicht generell die These infrage, dass Religionsgemeinschaften als gesellschaftliche Ligaturen zum Zusammenhalt liberaler Gesellschaften beitragen.

Dass die Religion in einem freien und säkularen Staat überhaupt als gesellschaftliche Kohäsion fördernde Kraft fungieren kann, liegt auch an Voraussetzungen, die sie selbst nicht geschaffen hat. Das wiederum bedeutet, dass der säkular-freiheitliche Staat wohl doch über nicht-religiöse Voraussetzungen verfügen muss, die ihm selbst eigen sind.


Meiner Auffassung nach ist Religion Privatsache und staatliches Handeln muss sich an wissenschaftlicher Erkenntnis orientieren. Der Staat handelt säkular. Die Orientierung gesellschaftlicher und staatlicher Ordnung geschieht durch die Beachtung und Einhaltung der „Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte“, die Verfassung, das Grundgesetzt und die Gesetze im Allgemeinen. Zu ergründen, was die Welt bewegt, sie schafft und zusammenhält, ist Aufgabe der Wissenschaft.

Allerdings kann Religion für die persönliche Orientierung sehr wichtig sein und einen wesentlichen Beitrag zur seelischen Gesundheit leisten. Beruhigen, Sicherheit und Geborgenheit geben. Liebe und Nächstenliebe, Gerechtigkeit und Empathie und Hoffnung sind wesentliche Elemente von Religiosität, aber nicht nur von ihr. Auch Menschen, die Religion ablehnen, orientieren sich an Werten. Es ist eine die persönliche Entscheidung, sich an einer religiösen Gemeinschaft oder ohne sie zu orientieren. Keinesfalls ist es Aufgabe des Staates, der Gesetzgebung oder der Wissenschaft (ausgenommen die Theologie) religiöse Inhalte festzusetzen und für alle Personen in einer Gesellschaft für verbindlich zu erklären.

Ich lehne deshalb die Einflussnahme der Religion auf die Politik ab.

Je nach religiöser Prägung könnte es jedoch zu folgenden Denkmodellen kommen:

Menschen, die durch eigenes Verschulden oder Schicksal ihre berufliche Existenz verloren haben, beziehen eine Grundsicherung. Während es für manche Menschen gottgewollt, also gemäß der Prädestinationslehre vorherbestimmt sein kann, dass manche Menschen im Leben scheitern, lehnen andere religiöse Gruppen die göttliche Vorsehung ab. Menschen, die wirtschaftlich scheitern unabhängig davon, ob es selbst verschuldet oder ohne Verschulden geschehen ist, muss aus Nächstenliebe und wegen der Würde des Menschen geholfen werden. Ihnen darf die Existenzgrundlage nicht entzogen werden.

Während es wiederum für einige Menschen gottgewolltes Schicksal ist, wenn Menschen bei einem furchtbaren Verbrechen oder bei einem staatlichen Vorgehen wie beispielsweise einem Krieg zum Opfer fallen, ist es für andere kein Grund, dieses Schicksal hinzunehmen. Nicht immer muss es richtig sein, sich reaktionslos seinem Schicksal zu fügen. Auch kann diese Haltung zwar eine einfache, aber keine gute Lösung sein. Auch wenn die Reaktion grausam erscheint, mag es Rechtfertigungsgründe für das Gewissen geben, so zu handeln. Hierbei ist es zu unterscheiden, ob eine einzelne Person Maßnahmen ergreifen möchte, was nur im Rahmen der Gesetze möglich ist oder ob es der Staat selbst ist, der entsprechend handelt. Auch dieser hat internationale Gesetze zu beachten. Jedoch erlaubt die Gewissensfreiheit kein uneingeschränktes Handeln, sondern es ist stets wichtig, dass eigene Gewissen zu prüfen, was noch gerechtfertigt ist.

Dabei ist es nicht so entscheidend, ob Religiosität tatsächlich gelebt wird und der Mensch sich dessen bewusst ist. Vielmehr kommt darauf an, in welcher „Geist“ die Person geprägt hat, sie sie erzogen wurde und wie sich die Denkhaltung im Lebensverlauf entwickelt hat. Sicherlich ist die religiöse Prägung ein Aspekt von mehreren für die Entwicklung einer politischen Haltung, jedoch kann sie unterschiedlich stark entwickelt sein und Einfluss nehmen. Vielfach ist sich die Person gar nicht bewusst, dass bei der politischen Willensbildung die religiöse Prägung eine Rolle gespielt haben könnte. Die Auseinandersetzung mit der eigenen religiösen Überzeugung kann schon lange her sein und Religion spielt im Leben keine oder nur eine geringe Rolle. Dennoch können religiöse Grundsätze tief in uns verwurzelt sein.

Wichtig ist es auch, dass religiöse Texte immer in der Zeit, in der wir leben, ausgelegt werden. Beispielsweise wurde im Zweiten Vatikanischen Konzil ein Papier (Gaudium et spes) erarbeitet, das sehr modern ist und eine Neuausrichtung von Glaubensinhalten sein kann:

Es fordert die wesentliche Gleichheit aller Menschen
Es fordert die Gleichberechtigung von Mann und Frau.
Es stellt den Wert der menschlichen Arbeit auch zur Sicherstellung des eigenen Lebensunterhaltes fest.
Es stellte den Menschen in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns
Es trifft die Aussage, das die Demokratie die günstigste Staatsform ist. Autoritäre Staatsmodelle werden nicht gestützt.
Es warnt vor Missbrauch privaten Eigentums.
Es fordert eine internationale friedensschaffende Autorität.




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