Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes ...
„Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, das
er verwendet wenn er nicht unterschreiben will…“
Video: So sieht Quantenphysiker Anton Zeilinger
die Welt | Sternstunde Religion | SRF Kultur: https://youtu.be/O2sHn0bOC5I?si=ckFNj98BNcwpuGeW
Video: Anton Zeilinger - "Raum und Zeit sind
vielleicht nicht so solide, wie wir glauben." (Vortrag): https://youtu.be/AJDMvfpgmjw?si=AEFn34yDhTStlQSM
Video: Anton Zeilinger - Wissenschaft und
Religion (Vortrag 2016): https://youtu.be/Qs6KDOLwMYg?si=8uemtMi4vx0I2n8u
Zu Beginn…
Anton Zeilinger (* 20. Mai 1945 in Ried im Innkreis) ist ein
österreichischer Quantenphysiker und Hochschullehrer an der Universität Wien.
Im Jahr 2022 wurde ihm gemeinsam mit Alain Aspect und John Clauser der
Nobelpreis für Physik zuerkannt. Zeilinger erhielt den Nobelpreis für
Experimente mit verschränkten Photonen und allgemein verschränkten
Quantenzuständen, wobei er unter anderem Quantenteleportation nachwies. Er gilt
als ein Pionier der Quanteninformationswissenschaft.
„Wenn immer nur unmittelbar anwendungsbezogene Forschung betrieben worden
wäre, hätten wir heute eine unglaubliche Vielfalt und Raffinesse an Kerzen;
aber keine Elektrizität.“
Zeilinger zitiert Anatole France
(Minute 17:45
Video Wissenschaft und Religion (Vortrag 2016))
„Zufall ist vielleicht das Pseudonym Gottes, das er
verwendet wenn er nicht unterschreiben will..
I. Über Zufall, Verschränkung und Wirklichkeit – inspiriert von einem Vortrag von Anton Zeilinger
Ideen als Geburten der Wissenschaft
(Minute 12:35
Video:"Raum und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir
glauben.")
In der theoretischen Physik, so erklärt Anton Zeilinger, haben viele Ideen eine
„hohe Säuglingssterblichkeit“. Das bedeutet: Viele Konzepte überleben nicht die
ersten Schritte der wissenschaftlichen Prüfung. Dennoch müsse man ihnen eine
Chance geben, auf die Welt zu kommen – nur so könne Neues entstehen.
Der Zufall als Grundprinzip
(Minute 13:10 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Der Zufall spielt in der Quantenphysik eine zentrale Rolle. Er ist keine
Nebensache, sondern eine fundamentale Konstituente der Welt – ein
Grundbaustein der Realität, der nicht mehr „zurückzuholen“ ist. Auch bei
technischen Anwendungen spiegelt sich dieser Zufall wider: Er ist nicht
eliminierbar, sondern prägt das Verhalten von Teilchen, Systemen und Prozessen.
Das Ende kausaler Erklärungen
(Minute 14:10 Video:"Raum und Zeit sind vielleicht nicht so solide,
wie wir glauben.")
Das physikalische Programm, jede Wirkung durch eine Ursache erklären zu wollen,
sei in gewisser Weise zu Ende gegangen. In der Quantenphysik gibt es Ereignisse,
für die keine Ursache mehr angegeben werden kann. Die Idee, für jedes
Einzelereignis eine Causa angeben zu müssen, gilt in dieser Dimension nicht
mehr.
Quantenverschränkung und "spukhafte"
Fernwirkung
(Minute 16:05 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Ein zentrales Phänomen ist die Quantenverschränkung. Einstein nannte sie
einst eine „spukhafte Fernwirkung“.
Wenn zwei Teilchen verschränkt sind, und man misst den Zustand des einen
Teilchens, dann erhält man automatisch – augenblicklich – die entsprechende
Information über das andere Teilchen. Diese Korrelation ist zufällig,
aber sie tritt sofort auf, auch über große Distanzen hinweg.
Zufall ohne verborgene Mechanismen
(Minute 20:00 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Zeilinger spricht hier vom nicht-reduzierbaren Zufall – einem Zufall,
der keinen erkennbaren Grund hat.
Dabei könne derselbe zufällige Prozess in beliebiger Entfernung exakt gleich
ablaufen – ohne dass eine Kommunikation zwischen den Teilchen besteht.
Das Beispiel eines Würfels verdeutlicht es: Auch wenn der Wurf zufällig ist,
könnte man meinen, es gäbe verborgene Ursachen. Doch in der Quantenphysik
gibt es solche „hidden variables“ schlicht nicht – sie wurden experimentell
ausgeschlossen.
Drei Teilchen und maximaler Widerspruch
(Minute 22:45
Video:"Raum und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir
glauben." )
Während viele Experimente mit zwei verschränkten Teilchen durchgeführt wurden,
zeigt sich bei drei Teilchen eine neue Ebene:
Die Quantenphysik sagt einen Zustand voraus, der mit den Aussagen eines lokalen
Realisten – also eines klassisch denkenden Physikers – in maximalem
Widerspruch steht.
Zeilinger selbst arbeitete über zehn Jahre daran, diese Phänomene zu erklären
und experimentell nachzuweisen – mit vielen Fehlern und schließlich verdienter
Anerkennung.
Quantenteleportation und doppelte Verschränkung
(Minute 27:05 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
1993 gelang die Beschreibung der sogenannten Quantenteleportation:
Dabei wird ein Teilchenzustand durch eine doppelte Anwendung von
Verschränkung übertragen – es sind vier Teilchen im Spiel, von denen zwei
miteinander verschränkt sind. Der Zustand eines dritten Teilchens kann so auf
das vierte übertragen werden – ohne dass dieses selbst bewegt werden muss.
Zufallszahlen aus dem Universum
(Minute 31:05 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
In späteren Experimenten – etwa auf den Kanarischen Inseln – wurden zur
Steuerung der Versuche Zufallszahlen aus kosmischer Strahlung verwendet.
Diese Zufallsimpulse stammten etwa von Quasaren, also extrem weit
entfernten Objekten. Ziel war es, jeden Einfluss durch
"menschgemachte" Steuerung auszuschließen.
Raum und Zeit als abgeleitete Konzepte
(Minute 33:20 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Die Konzepte von Raum und Zeit, so Zeilinger, sind nicht primär – sie
sind sekundär, das heißt:
Sie entstehen durch Messungen und Beobachtungen, sind also nicht die
Grundlage, sondern das Ergebnis unserer Erkenntnisprozesse.
Vielteilchenverschränkungen zeigen, dass die Struktur der Wirklichkeit nicht
an Raum und Zeit gebunden ist.
Wirklichkeit und Information
(Minute 34:20 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Zeilinger wirft eine philosophische Frage auf:
„Was können
wir über die Wirklichkeit sagen, wenn wir keine Informationen darüber gewinnen
können?“
Information sei oft als abgeleitetes Konzept verstanden worden – aber
vielleicht sei die Wirklichkeit selbst nur durch Information zugänglich.
Ohne Verbindung zwischen Information und Realität sei das Reden über
Wirklichkeit bedeutungslos.
Erkenntniswandel in der Community
(Minute 36:35 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Wissenschaft ist keine sture Instanz – ganze Fachgemeinschaften können ihre
Meinung ändern, sagt Zeilinger.
Viele Phänomene galten zunächst als spekulativ. Doch sobald Evidenz
vorliegt, verändert sich die Perspektive.
Einsteins Sehnsucht
(Minute 38:00 Video:"Raum
und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir glauben.")
Zeilinger zitiert Albert Einstein:
„Ich möchte
wissen, wie Gott diese Welt erschaffen hat. Ich bin nicht an dem einen oder
anderen Phänomen interessiert, ich möchte seine Gedanken kennen. Alles Übrige
sind nur Einzelheiten.“
Diese Aussage
ist ein Ausdruck tiefster Neugier, aber auch Demut vor dem Unerkennbaren.
Differenziertheit als Prinzip
(Minute 39:00
Video:"Raum und Zeit sind vielleicht nicht so solide, wie wir
glauben." )
Abschließend betont Zeilinger die Notwendigkeit von Differenziertheit –
insbesondere auch in der Umweltproblematik.
Die Wissenschaft dürfe nicht vorgeben, alles zu wissen – die Welt sei dafür zu
komplex.
Es gehe nicht um absolute Aussagen, sondern um offene Fragen, kluge
Hypothesen und ständige Reflexion.
Gott ist nicht beweisbar
(Minute 18:10 Video Wissenschaft und Religion
(Vortrag 2016))
Wenn wir die Existenz Gottes beweisen könnten, wäre das das Ende der Religion.
Dann würde das Wort Glauben keine Bedeutung mehr besitzen.
Persönliche Position – Zitat von Zeilinger…
(Minute 18:50 Video Wissenschaft und Religion
(Vortrag 2016))
„Ich möchte betonen, dass aus den Grenzen der naturwissenschaftlichen Methodik…
nicht logisch folgt, dass man daraus schließen muss es gibt etwas jenseits
dieser Grenzen, nämlich Gott. Das ist eine persönliche Position, die jeder für
sich selbst beantworten muss.“
Hier nun der Versuch einer Beantwortung in Anlehnung an Zeilinger aber nicht von Zeilinger und in Distanz zu Stephen Hawking. Eine persönliche Position:
II Atheismus, Theismus oder Deismus?
Und ein Hauch
KI – eine Betrachtung, eine Idee, kein Beweis.
Ursprung und Weltentstehung
Die
vorherrschende Theorie ist die des Urknalls: Das Universum entstand in einem
gewaltigen Ereignis aus einem unendlich dichten Punkt. Zwar gibt es unter
Fachleuten auch kritische Stimmen zur Urknalltheorie, doch bleibt sie derzeit
die wissenschaftlich meist anerkannte Erklärung für die Entstehung unserer
Welt.
Auf der Suche nach Gott – oder etwas anderem?
Wenn wir
überhaupt nach einer höheren Instanz suchen – nennen wir sie Gott, Alles,
Energie oder etwas ganz anderes – dann sollten wir sie jenseits des Urknalls
und jenseits der bekannten physikalischen Grenzen suchen.
Eine These über das Alles
Vielleicht ist
Gott – oder ein Wesen, ein Phänomen – das „Alles“ selbst. Etwas, das immer war,
immer ist und immer sein wird.
Gott könnte eine oder viele Dimensionen mehr umfassen als wir erkennen können.
Gott ist zugleich endlich und unendlich, zeitgebunden und zeitlos.
Er oder sie oder es durchdringt sämtliche bekannten Dimensionen – und existiert
auch darüber hinaus.
Gott entzieht sich jeder Beschreibung, weil Gott über unser Denken hinausgeht.
Fazit: Gott ist das Alles.
Der Gegenpol: Das Nichts
Das Nichts ist
der Antagonist Gottes – leer, ohne Existenz.
Im Nichts gibt es keinen Gott.
Das Nichts ist also gleichzusetzen mit der Abwesenheit von allem: die Hölle.
Da das bekannte Universum sich ausdehnt – und Gott alles ist – expandiert das
Universum in Gott hinein.
Wenn Gott zugleich Zeit und Nicht-Zeit ist, liegt Gott jenseits unserer
Vorstellung von Chronologie. Das Universum wurde also "nach" Gott
geschaffen – wobei „nach“ hier wenig Sinn ergibt.
Unendlichkeit – auf beiden Seiten?
Ob das
Universum unendlich ist, bleibt offen.
Ebenso unklar ist, ob Gott und das Universum gleichzeitig oder „am selben Ort“
existieren.
Für Gott gibt es keinen Anfang und kein Ende. Er/Sie/Es war immer da.
Das Universum aber hat (laut aktueller Theorie) einen Anfang.
Möglich wäre, dass es Gott eines Tages vollständig erfüllt – aber
wahrscheinlicher ist, dass Gott größer bleibt als das Universum.
Leben im Universum
Das Universum
lebt – zumindest jetzt.
Es existieren Sonnen, vermutlich auch viele Planeten mit Leben.
In ferner Zukunft aber werden die Sonnen verlöschen, das Leben enden.
Das Universum wird erkalten, leblos und leer – ein weites, dunkles Nichts.
Vielleicht ist das der Moment, in dem das Nichts wieder alles verschlingt.
Aber vielleicht auch nicht – vielleicht besiegt das „Alles“ am Ende doch das
„Nichts“.
Gott und die Naturgesetze
Mit der Geburt
des Universums entstand auch eine Welt in Gott – oder zumindest eine
Schnittmenge mit ihm.
Gott hat möglicherweise die Naturgesetze erschaffen – ob bewusst oder weil
seine Existenz sie implizierte, bleibt offen.
Wahrscheinlich ist, dass die bekannten physikalischen Gesetze durch Gott
entstanden. Vielleicht aber war kein Gott beteiligt und die Physikalischen
Gesetze sind ein Phänomen, ein Zufall.
Denken, Fühlen, Bewusstsein?
Wir wissen
nicht, ob Gott ein bewusstes, denkendes, fühlendes Wesen ist.
Wir wünschen es uns.
Gott könnte ebenso gut ein unbegreifliches Phänomen sein, jenseits und
innerhalb unserer Wirklichkeit.
Er wäre dann zugleich Wissen und Unwissen – eine allumfassende Möglichkeit.
Gott und der Mensch
Wenn Gott
alles ist, dann kennt er auch jedes Wesen – sogar jeden einzelnen Menschen.
Deshalb hoffen wir, dass er/es/sie denkt, fühlt, erkennt. Aber sicher wissen
tun wir es nicht.
Zufall, Physik und Glauben
Der
Quantenphysiker Anton Zeilinger sagt:
„Gott greift
nicht physisch in diese Welt ein.“
Video: „So sieht Quantenphysiker Anton Zeilinger
die Welt | Sternstunde Religion | SRF Kultur“
Es gibt echte
und unechte Zufälle.
Begegne ich jemandem auf der Straße, ist das ein erklärbarer Zufall – unecht.
Ein echter Zufall liegt vor, wenn die Gesetze der Physik an ihre Grenzen
stoßen.
Vielleicht ist dieser echte Zufall ein anderes Wort für das Göttliche –
vielleicht. Wir wissen es nicht.
Zeilinger sagt
auch:
„Physik und
Glaube müssen sich auf unterschiedliche Gegenstände beziehen. Religion darf
sich nicht in Physik, Physik nicht in Religion einmischen.“
Video: „So sieht Quantenphysiker Anton Zeilinger
die Welt | Sternstunde Religion | SRF Kultur“
Also – wo ist Gott in unserer Welt?
Sicher ist:
- Gott ist
nicht Teil der Naturwissenschaften.
- Gott
greift nicht körperlich in unsere Welt ein.
- Gott hat
die Welt nicht „erschaffen“ im klassischen Sinne – weder Pflanzen noch
Menschen.
Aber vielleicht hat Gott durch die Naturgesetze die Bedingungen dafür geschaffen, dass Leben entstehen konnte.
III. Von der Zeitlosigkeit Gottes bis zur Ordnung
des Zusammenlebens
Ein
gedankliches Modell zwischen freiem Willen, Religion und Menschenrechten
Gott jenseits der Zeit
Wenn Gott
nicht der Zeit unterliegt, kann er die Entfaltung der Welt sowohl in
Echtzeit als auch in ihrer gesamten zeitlosen Struktur überblicken:
→ Er/Sie/Es erfährt/sieht, wie Planeten entstehen, wie Leben sich bildet, und
wie empfindsame, kreative Wesen hervorgehen – darunter der Mensch: ein
intelligentes Wesen und mögliches Abbild Gottes. Möglicherweise gibt es
noch viele Wesen ähnlich dem Menschen.
Erkenntnis über Gott – als Teil der Schöpfung
Wenn Gott
weiß, dass der Mensch mit Intelligenz begabt ist, dann weiß er/sie/es auch,
dass dieser ihn erkennen oder zumindest erahnen kann.
Er/Sie/Es weiß also, dass innerhalb seiner Schöpfung Wesen entstehen können,
die zur Erkenntnis fähig sind – schöpferisch, reflektiert, denkend.
→ Diese Fähigkeit könnte Gott bereits vor dem Urknall vorausgesehen haben – vor
der Entstehung von Raum, Zeit und Materie.
Der Mensch wäre somit von Beginn an Teil des göttlichen Plans gewesen.
Freier Wille – in begrenztem Rahmen
Innerhalb der Grenzen
der Naturgesetze können Wesen entstehen, die kreativ denken, gestalten und
entscheiden – Fähigkeiten, die wir oft mit Gott in Verbindung bringen.
Aber: Diese Wesen sind nicht allmächtig. Ihre Freiheit und Kreativität
sind durch die physikalische Realität begrenzt.
→ Gott hat den Menschen die Fähigkeit gegeben, zu glauben, zu denken, sich
Regeln zu geben – aber auch die Freiheit, sich zu entscheiden.
Der Ursprung von Ordnung
Die Fähigkeit
zu denken und zu gestalten führt fast zwangsläufig zur Suche nach Ordnung.
Eine mögliche Form dieser Ordnung ist die Religion:
→ Eine Geschichte, in der Gott vorkommt – ein Rahmen zur Sinnstiftung.
Aber auch eine Ordnung ohne Gott wäre denkbar.
→ Ob Religion entsteht oder nicht, ist also eine freie Entscheidung des
Menschen.
Zufall oder göttliche Absicht?
Bleibt die
Frage:
Gibt es ein göttliches Wesen, das fühlt, denkt und liebt – oder ist alles nur
das Ergebnis eines Zufalls?
→ Vielleicht
ist gerade der Zufall Ausdruck Gottes.
Nicht entscheidend ist, ob Gott objektiv existiert, sondern:
→ Ob wir als Menschen die Freiheit haben, an ihn zu glauben. Wir wissen
nicht wir können nur glauben.
Über Machtansprüche von Religion
Aus dieser
Sichtweise ergibt sich:
Keine Religion darf einen Allmachtsanspruch erheben.
Auch wenn sie sich auf den göttlichen Willen beruft, ist sie doch stets ein menschliches
Produkt – entstanden durch Interpretation, durch Kultur, durch Geschichte.
→ Es ist daher vernünftig, dass Religionen sich an allgemeine Regeln
binden – oder diesen sogar untergeordnet sind.
Religion und Menschenrechte
Beispiele für
solche Regeln sind:
- die Allgemeine
Erklärung der Menschenrechte,
- die Verfassungen
demokratischer Staaten.
→ Religion und
Menschenrechte schließen sich nicht aus, sie können sich ergänzen.
Wichtig ist dabei, dass auch diese Werte an Institutionen gebunden sind
– wie etwa der UNO oder demokratische Staaten.
Freiheit des
Glaubens bleibt ein persönliches Gut – aber ein gemeinsamer Rahmen gibt
Stabilität und Orientierung im Zusammenleben.
Religion kann
Orientierung bieten. Sie kann helfen soziale Bedürfnisse zu erkennen. Aber sie
ersetzt keine Rechts- oder Sozialordnung aus wissenschaftlicher Erkenntnis. Im
Idealfall ergänzen sich Religion und menschliche Ordnung.
Die
Menschenrechte und die Verfassung Europas und Deutschlands genießen hohe
Legitimation. Sie beruhen auf demokratischer Mitwirkung und entstanden in einer
Zeit breiter Akzeptanz. Ob Gott sie inspiriert hat, bleibt offen. Auch wenn es
Kräfte gibt, die diese Akzeptanz infrage stellen, bedeutet es nicht, dass die
Menschenrechte ihre universelle Entfaltung verlieren und die Verfassungsordnung
infrage gestellt wird. Vielmehr ist braucht es Kräfte, die die Universalität
der Menschenrechte (wieder-)herstellen und die demokratische Verfassung verteidigen.
Verbindlichkeit von Werten
→ Es ist
sinnvoll, dass Menschenrechte und Verfassungen institutionell vertreten und
damit verbindlich gemacht werden.
Ebenso ist es sinnvoll, dass Religionen sich in strukturierte Formen
einfügen, um Gemeinschaft zu ermöglichen und Zusammenleben zu fördern
aber auch um kontrollierbar zu sein.
Es macht Sinn, wenn Religion einen
institutionellen Rahmen hat, beispielsweise als Glaubensgemeinschaft, Kirche
oder Ähnliches.
Wenn Religion institutionell gefasst ist, können
die Mitglieder, die ihr formal angehören, vor Diskriminierung geschützt werden.
Glaubensinhalte werden klarer, und die Zugehörigkeit ist definiert.
Regeln der Glaubensgemeinschaft schützen vor Beliebigkeit und Willkür.
Aber Glaubensgemeinschaften können auch von der Allgemeinheit zur Rechenschaft
gezogen werden.
Religionskritik an der Verfassung der Gemeinschaft kann zielgerichtet
adressiert werden.
Wenn der Begriff Religion missbraucht wird, gibt es klare Adressaten.
Religiöse Regeln sind definiert und weniger beliebig.
Gott als metaphysischer Impuls?
Ob Gott – im
metaphysischen Sinn – bei der Entstehung von Religionen, der Menschenrechte
oder der Verfassungen eine Rolle gespielt hat, bleibt offen.
→ Es könnte göttliche Inspiration gewesen sein.
→ Es könnte auch menschliche Kreativität gewesen sein.
Beides ist
denkbar.
Glaube und Zusammenleben
Religiöse
Menschen glauben, dass Gott in all dem gewirkt hat.
Nicht-religiöse Menschen glauben das nicht.
→ Entscheidend
ist: Wir brauchen verbindliche Regeln, um friedlich miteinander
leben zu können – unabhängig vom Glauben.
Die Zeitgemäßheit religiöser Regeln
Und
schließlich gilt:
Religiöse Vorschriften müssen immer wieder kritisch hinterfragt werden.
→ Passen sie noch in die Zeit?
→ Entsprechen sie noch der gesellschaftlichen Realität?
Nur durch
kontinuierliche Reflexion können Religionen lebendig, verantwortlich und
menschenwürdig bleiben.
IV. Kritik an Religion, künstliche Intelligenz
und das Ringen um Orientierung
Zwischen
Glauben, Wissenschaft und gesellschaftlicher Verantwortung
Kritik an religiösen Strukturen
Die Grundwerte
der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte sowie des Grundgesetzes
sind im Allgemeinen hoch zu bewerten. Doch gegenüber vielen religiösen
Institutionen gibt es berechtigte Zweifel und Kritik:
- Warum
soll gleichgeschlechtliche Liebe eine Sünde sein?
- Warum
dürfen Frauen in vielen Konfessionen keine Priesterinnen werden oder eine
religiöse Führerschaft ausüben?
- Warum
verfügen Kirchen, religiöse Institutionen nicht über demokratisch
legitimierte Verfassungsstrukturen?
- Warum
orientieren sich viele religiöse Gemeinschaften stärker an überlieferten
Traditionen als an einer moderner Exegese – also der
wissenschaftlichen Auslegung heiliger Schriften?
Diese Fragen
zeigen auf, dass religiöse Institutionen oftmals nicht den gleichen
Legitimationsstandards unterliegen wie demokratische Rechtsordnungen.
Glaube – ohne Beweis
Ob ein Gott
(er/sie/es) wirklich in unsere Welt eingreift, ist eine Frage des Glaubens.
→ Physikalische Beweise für solches Eingreifen gibt es nicht.
Allenfalls der sogenannte unerklärliche Zufall könnte als Hinweis
gedeutet werden – doch auch das bleibt Spekulation.
→ Die Physik kann keine endgültige Antwort darauf geben.
Künstliche Intelligenz – Kreatur oder
physikalischer Prozess?
Im Umgang mit künstlicher
Intelligenz (KI) stellt sich die grundlegende Frage:
- Erschaffen
wir ein neues Wesen, das eigenständig denkt und kreativ handelt?
- Oder
handelt es sich lediglich um physikalisch erklärbare Prozesse,
deren Komplexität wir noch nicht voll durchdrungen haben?
Die Wahrscheinlichkeit
spricht für Letzteres – aber die Tür für andere Perspektiven bleibt offen.
Schrödingers Katze und das Informationsparadox
Ein berühmtes
Gedankenexperiment veranschaulicht diesen Grenzbereich:
In einer Box befinden sich eine Katze, ein radioaktives Element, ein Detektor
und eine Giftampulle.
Das Element ist in einer Superposition – gleichzeitig zerfallen und
nicht zerfallen.
Also wäre auch die Katze gleichzeitig tot und lebendig.
Der Physiker Anton
Zeilinger widerspricht dieser Deutung:
→ Die Katze ist nicht beides gleichzeitig, sondern es handelt sich
lediglich um ein Informationsdefizit des Beobachters.
Vielleicht ist
es mit KI ähnlich:
→ Sie erscheint uns als kreativ – aber womöglich ist das nur ein Missverständnis
über komplexe, erklärbare Abläufe.
Noch wissen wir es nicht – beides ist denkbar.
Gesellschaftliche Fragen zur KI
Die Fragen
rund um KI sind nicht religiös, sondern gesellschaftlich:
- Wie
regeln wir den Einfluss der KI auf Arbeitswelt und Alltag und gleiche
Arbeitsplätze aus, die durch die KI wegfallen?
- Fördern
wir gezielt digitale Bildung und technologische Qualifikation?
Wird digitale Kompetenz hinreichend gefördert?
- Bieten
wir ein soziales Netz für jene, die durch KI ihre Arbeit verlieren?
In Ländern ohne
funktionierende Sozialsysteme – auch in demokratischen Staaten – entstehen
gravierende soziale Verwerfungen.
→ Europa steht in der Verantwortung, neue Perspektiven aufzuzeigen und
im Zweifel Alimentierung oder Umschulung anzubieten.
Religionsethik und soziale Absicherung
Zwar kennt die
religiöse Ethik Gebote zur Unterstützung Bedürftiger – aber sie sind häufig fragmentarisch
und ersetzen kein systematisch aufgebautes Sozialstaatsmodell.
→ Es braucht staatliche
Strukturen, um soziale Gerechtigkeit und Chancengleichheit in einer
technisierten Welt dauerhaft zu gewährleisten.
Fazit: Zwischen Wissen, Glauben und
gesellschaftlicher Ordnung
- Wir
wissen nicht, ob es einen Gott gibt.
- Sicher
scheint: Ein physikalisches Eingreifen Gottes ist nicht belegbar.
- Ob Gott
ein Wesen, ein Phänomen oder reine Vorstellung ist – bleibt offen.
Ebenso bleibt
unklar:
- Ist
Religion ein göttlicher Schöpfungsakt oder eine menschliche
Erfindung?
Sicher ist
jedoch:
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist ein Werk des Menschen –
→ eine schöpferische Leistung humanistischer Gesellschaften.
→ Vielleicht war Gott auf metaphysischer Ebene beteiligt – vielleicht auch
nicht.
Dasselbe gilt
für staatliche Verfassungen:
→ Sind sie bloße Konstrukte menschlicher Vernunft – oder inspiriert von einer
höheren Ordnung?
Schlussfrage
Was wiegt
mehr?
→ Religion,
→ Menschenrechte,
→ und die Verfassung eines demokratischen Staates?
V. Menschenrechte, Verfassung und Religion – ein
Verhältnis im Spannungsfeld
Gedanken über
Legitimation, soziale Verantwortung und die Rolle des Staates
Höhere Legitimation durch demokratische
Entstehung
Im Fall der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte sowie der europäischen und deutschen
Verfassung scheint klar:
→ Diese stehen
nicht im Widerspruch zur Religion, sondern orientieren sich an allgemein
akzeptierten moralischen Prinzipien und genießen eine hohe Legitimation.
Zwar
entscheiden sich Menschen sowohl für Religion als auch für die Akzeptanz von
Verfassung und Menschenrechten, doch:
Menschenrechte
und Verfassung besitzen eine höhere Legitimation –
weil sie demokratisch entstanden sind und auf breiter
gesellschaftlicher Mitwirkung beruhen.
Ob der Wille
Gottes in Religion und Verfassung eingeflossen ist, bleibt offen – möglich,
aber nicht sicher.
→ Menschenrechte und Verfassungen entsprechen klaren humanitären Standards
und sind für alle nachvollziehbar – auch ohne göttliche Instanz.
Religion steht nicht über dem Gesetz
In Europa –
insbesondere in Deutschland – muss Religion den Menschenrechten und der
Verfassung untergeordnet sein.
→ Religion
steht nicht über dem Gesetz – auch wenn das für strenggläubige Menschen
bedeutet, weltliche Normen wie etwa die Legalisierung der Abtreibung zu
akzeptieren.
Historisch war
das nicht selbstverständlich:
- Im Mittelalter,
zu Zeiten monarchischer Herrschaft, könnte es wünschenswert sein, dass die
Religion über dem Staat steht. Viel zu oft waren monarchische Systeme
krass ungerecht.
- Auch
heute ist in einigen nicht-europäischen Staaten das Verhältnis
zwischen Verfassung und Religion unstabil oder widersprüchlich oder
eine weltliche Ordnung erst gar nicht vorhanden.
Doch gerade
dort ist es häufig ratsam, dass sich Religion an staatliche Ordnungen
vor allem aber an die Menschenrechte und Gesetze anpasst.
Marktwirtschaft, Eigentum und Verantwortung
Die sozialmarktwirtschaftliche
Grundordnung – mit garantiertem Privateigentum – hat sich bewährt:
- Andere
Gesellschaftssysteme haben in der Praxis oft versagt.
- Die
Marktwirtschaft regelt das Spannungsverhältnis zwischen unendlichen
Bedürfnissen und endlichen Ressourcen.
- Sie
widerspricht weder religiösen Geboten, noch den Menschenrechten
oder der Verfassung.
→ Der Besitz
von Privateigentum ist legitim – aber er verpflichtet.
Soziale Verantwortung und Grundsicherung
Sowohl das Grundgesetz
als auch die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte betonen:
- Jeder
Mensch hat Anspruch auf ein Existenzminimum:
→ Nahrung, Kleidung, Wohnraum - Ebenso
auf Gesundheitsversorgung und Unterstützung bei Krankheit,
Invalidität oder Unfall
→ Politik und
Gesellschaft haben die Pflicht, diese Mindestversorgung gewährleisten zu
können.
In Deutschland
erfüllt unter anderem das Bürgergeld diese Aufgabe.
In vielen anderen Ländern jedoch fehlt ein vergleichbares System – ein klares
Defizit, selbst in wirtschaftlich starken und demokratischen Nationen.
Kapital verpflichtet – Verantwortung für die
Allgemeinheit
Unsere
Verfassung ist eindeutig:
„Eigentum
verpflichtet.“
- Vermögen muss verantwortungsvoll
und gemeinwohlorientiert eingesetzt werden.
- Diese
Verantwortung ist in der Sozialgesetzgebung konkretisiert.
- Wie genau sie
ausgestaltet wird, entscheidet der demokratische Diskurs.
→ Viele
wünschen sich einen starken, solidarischen Sozialstaat.
Demokratischer Sozialstaat ist kein Kommunismus
Ein Sozialstaat
mit demokratischer Verfassung und Marktwirtschaft ist kein Kommunismus.
- Demokratischer
Sozialismus bedeutet nicht Abschaffung von Eigentum
oder Marktwirtschaft,
sondern deren soziale Einbettung und gerechte Regulierung. - Er
widerspricht weder
→ den religiösen Prinzipien,
→ noch der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte,
→ noch der deutschen Verfassung.
→ Im
Gegenteil: Der Sozialstaat ist Verfassungsauftrag.
Fazit
Der freie
Wille des Menschen, die Anerkennung der Menschenrechte und die soziale
Marktwirtschaft in demokratischer Ordnung widersprechen religiösen
Überzeugungen nicht –
→ sie ergänzen sie vielmehr auf ethisch verantwortbare Weise und
stehen über dem vermuteten Willen Gottes.
Text Stilistisch überarbeitet mit Microsoft CoPilot
