Stärkung der Sozialversicherung was geht (ist sinnvoll) und was nicht (ist nicht sinnvoll)
Ich unterstütze die grundsätzliche Forderung der GRÜNEN nach einer stärkeren Beteiligung höherer Einkommen an der Sozialversicherung. Nach ersten Überlegungen zu diesem Thema hier eine Übersicht, was möglicherweise nicht geht und was geht. Ich plädiere ich für eine stärkere Steuerfinanzierung der Sozialversicherung beispielsweise durch die Umwidmung des Solidaritätszuschlags. Interessant finde ich eine Rente+, die nach den Bedingungen der knappschaftlichen Rentenversicherung durchgeführt wird und eine Wahlalternative zur Betriebsrente darstellen könnte.
Die Rentenversicherung (RV) unterliegt dem Äquivalenzprinzip. Das bedeutet, wer einzahlt, erhält auch eine Rente. Werden also Beiträge zur Rentenversicherung aus Kapitaleinkünften erhoben, müssen daraus Renten gezahlt werden. Es ist fraglich, ob dies zu einer Verbesserung der Einnahmesituation führt. Wer viel einzahlt, bekommt eine hohe Rente.
Ähnlich verhält es sich in der Krankenversicherung (KV) (ggf. auch Arbeitslosenversicherung (AV) und Pflegeversicherung (PV)). Wer in die Krankenversicherung einzahlt, bekommt auch Leistungen. Allerdings bekommt nicht jeder Leistungen wie in der Rentenversicherung, aber wer krank ist, bekommt die Leistung. Bei höheren Einkommen würde das gegebenenfalls zu einer höheren Grundlohnsumme führen. Dies ist jedoch nicht systementscheident.
Würde die Beitragsbemessungsgrenze in der RV gestrichen, könnte dies zu Rentenzahlungen in Millionenhöhe führen, weil hohe Einkommen gegebenenfalls auch Millionenbeträge einzahlen. Auf jeden Fall hätte das zur Folge, dass die Zahler hoher Beiträge unter allen Umständen versuchen werden, keine Zahlung zu leisten, was wiederum zu einer Verlegung der Tätigkeit ins Ausland führen würde.
Bei einem Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze und Jahresarbeitsentgeltgrenze (Grenze ab der Versicherungsfreiheit eintritt) in der KV hätte das zur Folge, dass es Beiträge gibt, die in keinem Verhältnis mehr zu den Leistungen stünden. Das könnte rechtlich problematisch werden.
Wenn Beiträge auf Kapitaleinkünfte erhoben, müsste eine neue Behörde ähnlich der Minijobzentrale geschaffen werden. Eine Zuordnung des Beitragseinzugs zu einer Einzugsstelle wäre nur dann möglich, wenn auch Leistungen gewährt werden und Versicherungspflicht einträte. Sollten nur Beiträge ohne eine Versicherungspflicht oder freiwillige Versicherung erhoben werden, ist eine Zuständigkeitsregelung für den Beitragseinzug kaum möglich.
Eine Versicherungspflicht für alle würde alle privaten Versicherungsverträge überflüssig machen. Schon allein die Einrichtung der Minijobzentrale brachte erhebliche Probleme bei der Personalakquise mit sich. Für eine sofortige Versicherungspflicht gäbe es möglicherweise nicht genügend Menschen, die sich um den Beitragseinzug und die Leistungsgewährung kümmern würden. Im Gegenzug dazu würde bei der privaten Versicherungswirtschaft sehr viel Personal freigesetzt. Das freigesetzte Personal könnte aufgrund unterschiedlicher Regelungen für die Leistungsgewährung und Beitragszahlung bei der privaten Versicherung und der gesetzlichen Versicherung nicht ohne Weiteres wechseln. Auch die Beschäftigungsorte wären andere. Es gäbe erhebliche administrative Probleme.
Eine Umstellung der privaten Versicherungsverträge, die ein Risiko versichern auf eine Beitragszahlung nach Einkommen und weiterer Einkünfte würde einen starken Eingriff in die Vertragsfreiheit der privaten Versicherungsunternehmen bedeuten. Das könnte zu rechtlichen und zu verfassungsrechtlichen Problemen führen. Darf der Gesetzgeber so stark in die vertragliche Gestaltungsfreiheit eingreifen?
Damit dies zu einer Beitragsgerechtigkeit führt, reicht es nicht aus, dass die Beiträge allein nach den Einkunftsarten gezahlt werden, sondern die Beitragseinnahmen müssten an den Gesundheitsfonds beim Bundesamt für soziale Sicherung abgeführt werden und durch den Risikostrukturausgleich wieder zurück an die private Versicherung gezahlt werden. Ein weiterer erheblicher Eingriff in die Vertragsautonomie der privaten Versicherungswirtschaft, die mit großer Wahrscheinlichkeit vom Bundesverfassungsgericht überprüft wird.
Außerdem würden Beiträge aus zwei unterschiedlichen Rechtskreisen vermischt. Einmal Beiträge, die nach der Sozialgesetzgebung erhoben werden und ein anderes Mal Beiträge, die nach vertraglicher Gestaltung erhoben werden. Ich habe Zweifel, dass beide Einkommen in einem Gesundheitsfonds gemischt werden dürfen.
Beiträge, die dem Risikostrukturausgleich unterliegen, werden nach der Morbidität der Versicherten verteilt.Das hieße, ein gesunder Friseur würde einen schwer kranken Millionär mitfinanzieren, weil die private Krankenversicherung für besonders kranke Menschen höhere Fallpauschalen bekäme.
Beitragsgestaltung nach dem Prinzip der freiwilligen Versicherung bedeutet, dass jedes Jahr die Einnahmesituation neu festgestellt werden müsste. Derzeit werden Beiträge durch die Lohnverwaltungsprogramme automatisch einbehalten und per einmaliger Überweisung abgeführt. Gehaltsänderungen erfolgen in denselben Programmen wie die Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge. Würden die Sozialversicherungsbeiträge wie bei der freiwilligen Versicherung bemessen, müsste der Versicherte jedes Jahr bei der Krankenkasse eine Lohnsteuerbescheinigung einreichen oder die Daten müssten vom Finanzamt an die Einzugsstelle weitergeleitet werden. Entweder wird der Aufwand für die Beitragsermittlung sehr hoch oder die Daten müssten direkt vom Finanzamt an die Krankenkasse weitergeleitet werden. Das wird erhebliche administrative Probleme verursachen und ist auch aus Datenschutzgründen bedenklich. Eine weitere Möglichkeit zu klagen.
Bei der Beitragsbemessung wie bei der freiwilligen Versicherung würde es bedeuten, dass nicht nur Kapitaleinkünfte beitragspflichtig wären, sondern auch Einnahmen aus Forstwirtschaft oder anderen Einkunftsarten. Bei einer Datenbasis, die vom Finanzamt übermittelt wird, wird die Differenzierung zwischen niedrigen Einkünften aus unselbstständiger Tätigkeit und hohen Einkünften aus Kapitalerträgen, Vermietung und Verpachtung schwierig. Es gäbe ein Einkommensteuerbescheid, aber zwei oder mehr verschiedene Steuerfreigrenzen. Auch das wäre gegebenenfalls rechtlich zu hinterfragen.
Außerdem blieben Einnahmen von Kapitalgesellschaften außen vor.
GEHT/SINNVOLL
Erhebung von Steuereinnahmen, die der Sozialversicherung zugeführt werden. Der Solidaritätszuschlag könnte angehoben und umgewidmet werden. Derzeit zahlen nur die 10 % der reichen Deutschen den Soli. Es trifft genau die, die sich beteiligen sollten. Auch der administrative Aufwand wäre denkbar gering.
Bei einer teilweisen oder sogar vollständigen Steuerfinanzierung der Sozialversicherung (hieße dann soziale Sicherung) würden alle Einkunftsarten einbezogen. Es wären nur wenige Überweisungen nötig. Der administrative Aufwand wäre gering. Steuereinnahmen müssen nicht nach dem Versicherungsprinzip oder Äquivalenzprinzip verteilt werden. Aber eine reine Steuerfinanzierung müsste gegebenenfalls durch eine Grundgesetzänderung begleitet werden, um die Beiträge gegen fiskale Zugriffe und Begehlichkeiten zu schützen.
Verbot, Alter als Risikokriterium für private Versicherungsverträge zugrunde zu legen. Alter ist ein Diskriminierungsmerkmal und wird im AGG und auch der Charta der Europäischen Union (leider nicht im Grundgesetz) erwähnt. Ich habe Zweifel, dass Alter überhaupt als Risikokriterium für die Beitragsgestaltung herangezogen werden darf. Bei einem Verbot, Beiträge nach dem Risikomerkmal Alter zu gestalten, wären die Beiträge über die gesamte Versicherungsdauer gleichbleibend hoch und könnten nur steigen, wenn die Gesundheitskosten insgesamt steigen. Eine billige Einstiegsversicherung wäre nicht mehr möglich. Somit gäbe es einen fairen Wettbewerb zwischen der privaten Krankenversicherung und der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Beihilfe zu den Gesundheitskosten bei Beamten müsste in einen Arbeitgeberzuschuss zu einer Krankenvollversicherung (Beispiel Hamburg) verpflichtend umgewidmet werden. Das würde Beamte motivieren, anstatt der privaten Krankenversicherung einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten.
Private Zusatzversicherungen wie bessere Hotelleistungen im Krankenhaus, Chefarztbehandlung, Einbett oder Zweibettzimmer können jederzeit von jedem frei gewählt werden.
Erweiterung der Rentenversicherung um die Versorgungswerke. Die Versorgungswerke der Ärzte, Apotheker, Anwälte und Architekten müssten in einem neuen Rentenversicherungsträger oder in einer weiteren Abteilung der Knappschaft zusammengefasst werden und unter das SGB VI gestellt werden. Die Beitragserhebung und die Rentenzahlung erfolgt nach den Regelungen des SGB VI.
Arbeitgeber müssten verpflichtet werden, entweder eine eigene Betriebsrente einzuführen oder entsprechende Verträge bei Versicherungsunternehmen anzubieten. Alternativ müsste die knappschaftliche Rentenversicherung als Wahlalternative für Versicherte geöffnet werden. Dann hieße die kanppschaftliche Rentenversicherung nicht mehr knappschaftliche Rentenversicherung, sondern Rente+. Es wäre zu überlegen ob die Rente+ von jedem Rentenversicherungsträger durchgeführt werden sollte, damit bei einer hohen Wahlfrequenz die anderen Träger genügend Versicherte erhalten.
Der Arbeitnehmer hat die Wahlfreiheit, entweder in Rente+ versichert zu werden oder in der betrieblichen Altersvorsorge des Arbeitgebers.
Arbeitgeber, die keine betriebliche Altersvorsorge anbieten können oder wollen, müssen die Arbeitnehmer in der Rente+ versichern. Diese Regelung hätte ein Anstieg der Renten um mindestens ein Drittel zur Folge und würde den Arbeitnehmer nicht weiter belasten. Die höheren Beiträge bei den Arbeitgebern wären steuerlich vom Gewinn abzusetzen. Verträge über Betriebsrenten müssten die allgemeine Rentenversicherung in ähnlicher Höhe ergänzen, damit sie als Alternative zur Rente+ angeboten werden könnten.
GEHT/SINNVOLL
Erhebung von Steuereinnahmen, die der Sozialversicherung zugeführt werden. Der Solidaritätszuschlag könnte angehoben und umgewidmet werden. Derzeit zahlen nur die 10 % der reichen Deutschen den Soli. Es trifft genau die, die sich beteiligen sollten. Auch der administrative Aufwand wäre denkbar gering.
Bei einer teilweisen oder sogar vollständigen Steuerfinanzierung der Sozialversicherung (hieße dann soziale Sicherung) würden alle Einkunftsarten einbezogen. Es wären nur wenige Überweisungen nötig. Der administrative Aufwand wäre gering. Steuereinnahmen müssen nicht nach dem Versicherungsprinzip oder Äquivalenzprinzip verteilt werden. Aber eine reine Steuerfinanzierung müsste gegebenenfalls durch eine Grundgesetzänderung begleitet werden, um die Beiträge gegen fiskale Zugriffe und Begehlichkeiten zu schützen.
Verbot, Alter als Risikokriterium für private Versicherungsverträge zugrunde zu legen. Alter ist ein Diskriminierungsmerkmal und wird im AGG und auch der Charta der Europäischen Union (leider nicht im Grundgesetz) erwähnt. Ich habe Zweifel, dass Alter überhaupt als Risikokriterium für die Beitragsgestaltung herangezogen werden darf. Bei einem Verbot, Beiträge nach dem Risikomerkmal Alter zu gestalten, wären die Beiträge über die gesamte Versicherungsdauer gleichbleibend hoch und könnten nur steigen, wenn die Gesundheitskosten insgesamt steigen. Eine billige Einstiegsversicherung wäre nicht mehr möglich. Somit gäbe es einen fairen Wettbewerb zwischen der privaten Krankenversicherung und der freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Beihilfe zu den Gesundheitskosten bei Beamten müsste in einen Arbeitgeberzuschuss zu einer Krankenvollversicherung (Beispiel Hamburg) verpflichtend umgewidmet werden. Das würde Beamte motivieren, anstatt der privaten Krankenversicherung einer freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung beizutreten.
Private Zusatzversicherungen wie bessere Hotelleistungen im Krankenhaus, Chefarztbehandlung, Einbett oder Zweibettzimmer können jederzeit von jedem frei gewählt werden.
Erweiterung der Rentenversicherung um die Versorgungswerke. Die Versorgungswerke der Ärzte, Apotheker, Anwälte und Architekten müssten in einem neuen Rentenversicherungsträger oder in einer weiteren Abteilung der Knappschaft zusammengefasst werden und unter das SGB VI gestellt werden. Die Beitragserhebung und die Rentenzahlung erfolgt nach den Regelungen des SGB VI.
Arbeitgeber müssten verpflichtet werden, entweder eine eigene Betriebsrente einzuführen oder entsprechende Verträge bei Versicherungsunternehmen anzubieten. Alternativ müsste die knappschaftliche Rentenversicherung als Wahlalternative für Versicherte geöffnet werden. Dann hieße die kanppschaftliche Rentenversicherung nicht mehr knappschaftliche Rentenversicherung, sondern Rente+. Es wäre zu überlegen ob die Rente+ von jedem Rentenversicherungsträger durchgeführt werden sollte, damit bei einer hohen Wahlfrequenz die anderen Träger genügend Versicherte erhalten.
Der Arbeitnehmer hat die Wahlfreiheit, entweder in Rente+ versichert zu werden oder in der betrieblichen Altersvorsorge des Arbeitgebers.
Arbeitgeber, die keine betriebliche Altersvorsorge anbieten können oder wollen, müssen die Arbeitnehmer in der Rente+ versichern. Diese Regelung hätte ein Anstieg der Renten um mindestens ein Drittel zur Folge und würde den Arbeitnehmer nicht weiter belasten. Die höheren Beiträge bei den Arbeitgebern wären steuerlich vom Gewinn abzusetzen. Verträge über Betriebsrenten müssten die allgemeine Rentenversicherung in ähnlicher Höhe ergänzen, damit sie als Alternative zur Rente+ angeboten werden könnten.
Allerdings wäre ein abgestimmtes und vorsichtiges Vorgehen sinnvoll, um Widerstände insbesondere aus den Versorgungswerken zu vermeiden. Es wäre auch lediglich ein Zeichen der Solidarität. Größere positive Auswirkungen auf den Beitragssatz erwarte ich nicht. Eine Stabilisierung und leichte positive Auswirkungen könnten eintreten.
Möglich wäre auch eine Erhöhung der Beiträge aus geringfügiger Beschäftigung sowie die Erhöhung des Pauschsteuersatzes aus geringfügiger Beschäftigung. Außerdem müsse die Pauschsteuer aus geringfügiger Beschäftigung vollumfänglich der sozialen Sicherung zugutekommen.
Es sollte über eine Reform der Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung nachgedacht werden. Diese müsste freier gestaltet sein. Beispielsweise sollte der Rentenversicherung erlaubt sein, in einem sicheren Rahmen mit der Nachhaltigkeitsrücklage zu wirtschaften, um beispielsweise Mietwohnungen zu bauen und somit Einnahmen zu erzielen. Derzeit darf die Nachhaltigkeitsrücklage lediglich aus liquiden Mitteln bestehen.
Die Nachhaltigkeitsrücklage der Rentenversicherung könnte auch als Instrument dienen, die Beiträge langfristig stabil zu halten oder sogar zu senken. Anstatt einen risikoreichen Fonds zu errichten, der kapitalfinanziert ist, sollten Experten der Rentenversicherung entscheiden, wie Geld angelegt wird, um die Finanzierungsbasis der Rentenversicherung zu stabilisieren. Das müssen nicht zwangsläufig nur liquide Mittel sein. Eine Staffelung in der Liquidität wäre denkbar.
