Politologe Andreas Püttmann über Konservative, Rechte, CDU & AfD

Andreas Püttmann bringt es auf den Punkt, warum die CDU für viele keine politische Heimat sein kann. Dazu trägt ein entchristlichter nationale Konservativismus bei, der problematisch ist. Die höchsten Werte des nationalen Konservatismus laut Püttmann sind Arbeit, Familie, Vaterland. Die höchsten Werte des Christentums sind Glaube, Liebe, Hoffnung. Die christlichen Werte sind zu begrüßen, wohingegen die national konservativen Werte klar hinterfragt werden müssen. Auch bei der Frage nach einer gerechten Wirtschaft weicht Püttmann aus und bleibt unkonkret. Dies ist ein entscheidender Punkt, wo ein klareres Bekenntnis für die wirtschaftlich Schwachen wünschenswert wäre. Leider gibt der christlich soziale Flügel der CDU keine befriedigende Antwort auf die auseinandergehende Schere zwischen Arm und Reich und die Verteilungsgerechtigkeit. Andere Aussagen von Püttmann sind jedoch durchaus positiv zu bewerten, wie beispielsweise …

Politik beruht auf Kultur. Politische Wahlen haben viel mehr damit zu tun, was die Wähler selbst sind und nur zur Hälfte damit, was ihnen die Parteien anbieten.
Politik ist eine hochkomplexe Herausforderung, der sich die wenigsten stellen wollen und können. 
Es gibt keine Hochkultur ohne Ausgrenzung des Bösen und infamen.
Protest gehört zu einer Demokratie muss und soll sein, aber die Übergriffigkeit zu einem heiligen Zweck geht zu weit.
Der Kampf gegen den Klimawandel ist kein Erkenntnis, sondern ein Umsetzungsproblem, bei dem Radikalität nicht die Lösung, sondern Teil des Problems ist.
Die höchsten Werte des nationalen Konservatismus sind Arbeit, Familie, Vaterland, denen ich nicht uneingeschränkt zustimmen kann. Die höchsten Werte des Christentums sind Glaube, Liebe, Hoffnung, denen ich uneingeschränkt zustimme. Wie groß der Unterschied sein kann, zeigt sich in der Politik gegenüber Geflüchteten.
Katholiken waren von den Nationalsozialisten nicht begeistert und sind es auch von der AfD nicht.
Es gibt mehrere Formen des Widerstandes. Zum einen den aktiven Widerstand, die gesellschaftliche Verweigerung und den weltanschaulichen Dissens, bei dem man nur im Schutz der Familie und guten Freunden miteinander reden konnte.

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Politologe Andreas Püttmann über Konservative, Rechte, CDU & AfD

Andreas Püttmann ein Konservativer, mit dem man sich identifizieren kann. Er kommt aus einem Elternhaus, in dem ihm weder der Katholizismus aufgezwungen wurde, noch in dem er indoktriniert wurde, sondern in dem die Eltern Vorbild waren. Die Großeltern waren aus ihrer katholischen Grundhaltung heraus von Anfang an Gegner des Nationalsozialismus. Er konnte das Ethos seiner Eltern Menschlichkeit und Freiheit gut übernehmen. Es wuchs in keiner autoritären Familie auf. Aus den Erfahrungen seiner Familie mit der NS-Zeit nahm er die Erkenntnis mit, dass die Mehrheit nicht immer im Recht sein muss. Es gibt mehrere Formen des Widerstandes. Zum einen den aktiven Widerstand, die gesellschaftliche Verweigerung und den weltanschaulichen Dissens, bei dem man nur im Schutz der Familie und guten Freunden miteinander reden konnte. Nicht jeder Mensch hat die Konstitution für den aktiven Widerstand. Es kann auch viel bedeuten, wenn man sich zurückzieht, versteckt und wartet, bis es vorbei ist.

Püttmann unterscheidet bei der Zustimmung zum NS-Regime zwischen katholisch und evangelisch. Es gibt Untersuchungen, wie die Nationalsozialisten in den einzelnen Wahlkreisen abgeschnitten haben. In rein katholischen Wahlkreisen kamen die Nationalsozialisten im Schnitt nicht über 20 %. Die katholischen Bischöfe verboten die Mitgliedschaft in der NSDAP. Hingegen waren die evangelischen Christen mit 2/3 Mehrheiten in Synoden für den Nationalsozialismus anfälliger. Dieses Muster scheint sich heute bei der AfD fortzusetzen. Die Katholiken, so Püttmann, stehen dem Staat skeptischer gegenüber. Die evangelische Konfession hingegen ist in Deutschland stark mit dem Staat verbunden. International kann es aber sein, dass auch Katholiken autoritäre Regime unterstützen. In Amerika sind es viele Evangelikale, die Trump unterstützen, aber leider auch viele Katholiken. Das irritiert ihn sehr und ist ein Glaubenszeugnisproblem. Für ihn erklärt sich das so, dass Gott den Menschen die Freiheit gegeben hat, sich frei zu entscheiden. Die Praxis bleibt hinter der Theorie zurück und das nennt sich dann Sünde. Es gibt neben Sünde auch die Verwirrung, die Orientierungslosigkeit. Es gibt nicht nur das gewollt Böse. Wir bewegen uns zwischen den Abgründen Bosheit und Irrtum. Er hat bezogen auf die AfD in seinem politischen Alltagsbewusstsein nicht ernsthaft damit gerechnet, dass sich Menschen massenhaft so verhetzen lassen und sich so in Verwirrung stürzen lassen. Die große biografische Überraschung für ihn ist es, dass die Hauptgefahr für die Demokratie von einem radikalisierten Konservatismus kommt. Es ist für ihn eine handfeste Überraschung, dass der politische Konservativismus in so vielen Länder derart entgleist.

Die CDU bestand bei ihrer Gründung zur Hälfte aus ehemaligen Mitgliedern der Zentrumspartei und nahmen erst 1978 das Wort konservativ ins Programm der CDU auf. Der christlich zentrierte Stamm wollte den Konservativismus und Nationalismus der Weimarer Politik hinter sich lassen. Die neue CDU wollte europäisch und christlich denken. Es wird verkannt, dass christlich, demokratisch und konservativ national zwei unterschiedliche Stränge sind. Es war in der CDU ein überkonfessioneller Neuanfang, bei dem das Sozialintegrative im Vordergrund stand. Es sollte eine Partei für alle Schichten sein, bei der wie in der Kirche der Arbeiter und der Fabrikbesitzer ihren Platz haben. Die CDU unterscheidet sich fundamental von dem, was die AfD darstellt. Die AfD ist nicht die CDU der 50 ger Jahre. Die CDU war nicht amerikafeindlich und hat sich auch nicht nach Osten orientiert. Die CDU war etwas Neues und soll sich nicht von dem konservativen 80 Jahre alten Zombie anstecken lassen, der die Sinne und den Verstand verwirrt.

Für ihn beruht Politik auf Kultur. Politische Wahlen haben viel mehr damit zu tun, was die Wähler selbst sind und nicht so sehr damit, was ihnen die Parteien anbieten. Wählerverhalten ist viel zu rational gedacht. Biografische, geistige und religiöse Prägungen bestimmen das Wahlverhalten der Leute. Das Private ist auch das Politische. Nicht nur die Politiker sind verantwortlich für die Regierung, sondern auch die Bürger. Die wenigsten machen sich eine Vorstellung davon, divergierende Interessen zusammenzuführen, sowohl außerhalb der Partei als auch innerhalb der Partei. Politik ist eine hochkomplexe Herausforderung, der sich die wenigsten stellen wollen und können. Politik braucht nicht nur die Demut der Regierenden, sondern auch die Demut der Regierten. Ein Grundproblem in der aktuellen Politik ist, dass durch die entprofessionalisierte Meinungsbildung sich einige als bessere Kanzler berufen fühlen. Es ist erschreckend, wie viele meinen, sie könnten es besser als der Kanzler. Nicht jeder ist für die Politik geeignet. Es sollen alle mitmachen, aber an einem Platz, wo er oder sie das Beste aus sich herausholen kann. Es gehört auch zur Demokratie, dass man sich enthält. Derjenige diejenige der oder die sich enthält, ist kein schlechter Bürger. Jeder hat alles Recht, sich nicht für Politik zu engagieren und sich bei der Wahl nicht zu entscheiden. Wenn jedoch die Menschenfeindlichkeit und der Totalirismus wieder auftauchen, ist auch der Unpolitische gefordert, sich dagegen zu entscheiden. Zu viele Menschen reden mit Inbrunst von dem, von dem sie nichts verstehen. Er ist bereit, zu jeder Tages- und Nachtzeit die Demokratie zu verteidigen, weil wir nichts besseres gefunden haben als diese demokratisch rechtsstaatliche Staatsform. Wir können im Verständnis alles immer optimieren zu müssen, auch alles wieder verlieren.

Die Wahlbürger haben die Politik hervorgebracht, die sie verdienen. Auch die AfD. Eine Regierung aus SPD, GRÜNE und FDP ist eine Folge des Schisma der Konservativen. Es ist dem geschuldet, dass sich neben der CDU eine weitere konservative rechtsextreme Partei gebildet hat. Es gibt politische Systeme wie in der Schweiz, in denen sich die Parteien der Mitte zusammenfinden und regieren, weil es keine anderen Möglichkeiten gibt. Man kommt am Ende zu einer Einigung, bei der alle Federn lassen. Kompromisse sind kein Übel. Es gibt keine Demokratie ohne Kompromiss.

Die kulturelle Prägung der Wähler ist zur Hälfte wichtig, aber nur eben zur Hälfte. Die andere Hälfte des Wahlverhaltens ist durch die Parteien beeinflussbar. Solange etwas beeinflussbar ist, dann soll man das auch tun. Wenn es um Demokratie geht, dann muss man den politischen Häuserkampf beginnen und jede Seele retten, die zu retten ist. Es lohnt sich immer unabhängig vom Erfolg für eine gerechte Sache einzutreten. Es ist ein Eigenwert, es zu versuchen, sich für Humanität und Menschenwürde einzusetzen. Mit ⅔ der AfD Anhänger gibt es leider keine Diskussionsgrundlage mehr. Die Gefestigten sind nicht die Zielgruppe, sondern die Unsicheren. Die Unsicheren, die Opfer sind die Zielgruppe, um die es sich lohnt zu kämpfen und zu werben. Man kann immer auf verschlossene Augen und Ohren treffen. Es gibt ein biblisches Bild: “Wenn ihr nicht aufgenommen werdet, dann schüttelt den Sand aus den Sandalen und geht weiter”. Auf der individuellen Gesprächsebene macht es Sinn, mit den Menschen zu reden. Etwas anderes ist es, wenn in der Öffentlichkeit mit Rechtsextremisten geredet wird. 

AfD Hetzer gehören nicht auf Kirchentage. Auch in der säkularen Öffentlichkeit bedeutet, dass die totale Toleranz zur Vernichtung der Toleranz führt. Ziel der Intoleranz ist die Vernichtung der Toleranz. Einer der rechten Vordenker sagte, dass sie keinen Platz im Salon der Party (Demokratie) wollen, sondern ein Ende der Party. Demokratie muss wehrhaft und streitbar sein. Es gibt Grenzen für die Zulässigkeit von Extremisten und Menschenfeinde. Man darf sich nicht überschätzen, diese Populisten entzaubern zu können. Auch der Zuhörer ist kein rationales Wesen und kann überfordert sein. Rechtspopulisten ein Mikrofon zu geben, birgt ein Risiko. Man darf es den Betroffenen nicht zumuten, den Hetzern neue Resonanzräume zu eröffnen. Wir machen uns mitschuldig, wenn sich die Zuhörerschaft erweitert. Man muss auch ausgrenzen. Es gibt keine Hochkultur ohne Ausgrenzung des Bösen und infamen. Zwar sollte die AfD, solange sie nicht als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, aus jeder Talkshow ausgeschlossen werden, jedoch muss gut überlegt sein, wer spricht und wie sie sprechen. Man kann sie nicht überall ausschließen. Wenn aber nur die Gemäßigten sprechen, dann verzerrt auch das das Bild. Es darf auch nicht der Eindruck entstehen, dass es nicht so schlimm ist. AfD Wähler sind nicht nur die Verführten. Die Parteiführung wurde oft auch von der Basis angetrieben, die Positionen zu verschärfen und zu radikalisieren. Es gibt 20 % mit einem geschlossenen rechtsextremen Weltbild, was nicht heißt, dass 80 % nicht rechtsextrem sind. Viele AfD Wähler sind auch gewaltbereit. Man muss auch an das Mittel der staatlichen Ausgrenzung denken.

Püttmann, der der CDU nahesteht, hält es für eine seltsame Vorstellung von Partei, wenn nur die Meinung der Parteimitglieder zählt. Für ihn gibt es drei CDU Richtungen. Es gibt diejenigen, die aus der CDU eine größere FDP machen wollen und die man von der FDP nicht unterscheiden kann. Es gibt diejenigen, die zu einem toxischen konservativen weimarer Nationalkonservativismus zurückwollen und diejenigen, die eine christlich orientierte Volkspartei der Mitte wollen, wie es sie unter Adenauer, Kohl und Merkel gegeben hat. Diese drei Strömungen gibt es in der Partei. Die Sprecher der CDU kamen nach 1946 aus sechs verschiedenen weimarer Parteien. Die Hälfte der Partei kam vom Zentrum und die anderen Mitglieder waren sehr divers auf der kulturellen Basis des Christentums. Es besteht die Gefahr, dass die Strömungen in der CDU wieder auseinanderstreben. 

Die AfD ist marktradikal. Da, wo die Rechtsradikalen an der Macht sind bei Trump und Le Pen streben sie nicht nach der Freiheit des Marktes, sondern verhalten sich protektionistisch. Die Populisten verhalten sich sehr opportunistisch und richten sich nach der Stimmung aus. Rechtspopulistin haben keine Stabilität in ihren Positionen, sondern sie überlegen immer taktisch, was für sie am besten ist. Wer über Wirtschaft und Sozialpolitik spricht, muss komplexer werden. Es ist populistisch einfacher, kulturpolitische Themen anzusprechen wie Gendern, als über die komplexe Rentenpolitik zu sprechen. Es ist lachhaft, sich über Gendern aufzuregen. Nachmachen der Vereinfachung ist nicht die Lösung. Püttmann fürchtet einen entchristlichten Konservativismus. Die Prise Idealismus hat das Christentum in den Konservativismus gebracht. Die Überbetonung des Vaterlandes hat ihm noch nie etwas gesagt. Als Christ ist nicht der Volksgenosse der Nächste, sondern jeder Mensch. Die Entchristlichung wird den Konservativismus am stärksten verändern.

Die höchsten Werte des nationalen Konservatismus sind Arbeit, Familie, Vaterland. Die höchsten Werte des Christentums sind Glaube, Liebe, Hoffnung. Der größte Unterschied in den Positionen ist die Flüchtlingspolitik. Für ihn war die großherzige Flüchtlingspolitik eine Versöhnung mit der CDU, aus der er zuvor ausgetreten ist. Er findet es idiotisch, eine Partei zum Hauptgegner auszurufen (GRÜNE), mit der man in vielen Ländern geräuschlos regiert. Das Idealistische des Konservativismus speiste sich aus der christlichen Tradition jetzt nicht mehr.

Bei der ökonomischen Frage, die bei 1:30:40 im Video angesprochen wird, auf die neoliberale (Wirtschafts-) Politik in Deutschland, Privatisierung, Ziel des Nachtwächterstaates, schlanker Staat als Ursache für den Rechtsruck verweigert Püttmann die Aussage, weil er sich in diesem Thema nicht auskennt und anführt, kein Wirtschaftswissenschaftler ist. Erst auf konkretes Nachhaken spricht er sich gegen Regulierung des Staates aus und verfällt in die typischen Narrative der CDU und bleibt unkonkret. Er vertritt einen Policy Mix aus Freiheit und Regulierung. Für ihn braucht Wirtschaft Freiheit. Dort, wo Verwerfungen entstehen, muss man nachbessern. Er sieht wie viele konservative Politiker eine Inflationsangst, die so nicht gegeben ist. Auch bei der Frage nach der Schuldenbremse sind seine Antworten wenig überzeugend. An dieser Stelle des Videos gibt er keine befriedigende Antwort. Genau das ist der Punkt, an dem ich seiner Idee von Konservativismus nicht mehr folgen kann. Wenn es um konkrete und nachhaltige Verbesserung der Situation der wirtschaftlichen Schwachen geht, versagt Püttmann. Er ist, wie er selbst sagt, auf dem wirtschaftlichen Auge blind. Natürlich hat er auch damit Recht, dass das Erstarken des Rechtspopulismus nicht allein von wirtschaftspolitischen Missständen abhängt.

Protest gehört zu einer Demokratie, muss und soll sein, aber die Übergriffigkeit (der Klimakleber) Mitbürger festzusetzen und zu gebrauchen zu einem heiligen Zweck, das geht zu weit. Man kann durchaus drastisch demonstrieren und mediale Aufmerksamkeit erzeugen. Das Recht sollten wir nicht antasten. Rechtsgehorsam macht uns gleich. Es gibt keine Privilegien für Leute, die eine höhere Erkenntnis haben als andere, selbst dann nicht, wenn man Strafe inkauf nimmt. Der Schaden des schlechten Beispiels für andere und die gesellschaftliche Polarisierung und die Zumutung für andere wird nicht dadurch geheilt, ins Gefängnis zu gehen. Richtig ist aber auch, dass das Völkerrecht, das sich im Pariser Klimaabkommen niederschlägt und das Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichtes eine berechtigte rechtlich bindende Forderung ist, die aus Sicht der Protestler von der Regierung nicht umgesetzt wird. Für Püttmann gibt es nicht die Abkürzung an der mühevollen Überzeugung der Mitbürger vorbei. Das einfordern, das einklagen kann man auch tun und auch stören, aber nicht übergriffig werden und nicht illegal. Das bringt keinen zusätzlichen Nutzen und das schadet mehr, als es nutzt. Die Unterstützungsresonanzräume werden verkürzt. Aus wissenschaftlicher Sicht sind wir in der Klimafrage zu langsam. Jedoch wenn wir keine Klimadiktatur haben wollen, die es auch nicht geben wird, weil die Akzeptanz fehlt, dürfen wir unser politisches System nicht in die Luft jagen. Wenn alle politischen Strömungen anfangen, die Grenzen des Rechts zu überschreiten, dann ist das der Schritt in den Bürgerkrieg. Legalität muss eingefordert werden. Sie ist Teil der demokratischen Legitimität. In der Problemanalyse unterscheidet sich Püttmann nicht von den Fachleuten. In der Form kann er nicht sagen, dass der Zweck die Mittel heilt.

Es gibt verschiedene Gründe, religiös zu sein. Vielleicht ist es wahr. Es reicht im, dass es vielleicht wahr ist. Denn Wissen muss nicht sein, schließlich handelt es sich um Glaube. Püttmann fand bei allem Respekt für andere Religionen das Christentum in seiner Philosophie und seiner Ethik, der selbstlosen Liebe, der schönsten Früchte der Empathie, der Demut und Gelassenheit sehr überzeugend, als Antithese zum Rechtspopulismus. Der Rechtspopulismus ist ein Angriff auf die abendländische Zivilisation. Es ist eine geistige und religiöse Herausforderung, weil das Schönste am Christentum abgeräumt werden soll. Der Christianismus der Rechtspopulisten ist eine Identitätspolitik, die nichts mit Jesus nichts mit der Bibel zu tun hat. Diese Politik hat was Böses und Zügelloses. Der Rechtspopulismus ist nicht nur eine politische gefährliche Bewegung, sondern auch eine kulturell radikale Herausforderung. Durch den Rechtspopulismus geht uns was verloren, was viel wert ist, friedliche, gnädige Lösungen zu suchen und den Stärkeren kritisch den Spiegel vorzuhalten. Jede Partei hat eine Schnittmenge mit dem Christentum. Püttmann ist enttäuscht von dem Grundsatzprogramm der CDU, weil christliche Zentralbegriffe reduziert wurden. Ein Papst, der sagt, Kirche muss an die Ränder gehen, spiegelt sich im Meinungsbild der CDU nicht mehr wieder. Außerdem gibt es in der CDU große Wissenslücken. Beispielsweise wurden katholischen Vertretern Vorwürfe zu kirchlichen Erklärungen gemacht, die von der evangelischen Kirche erstellt worden sind. Das Wissen in der CDU über religiöse Internas ist nicht mehr vorhanden. Im Großen und Ganzen sind jedoch konfessionelle Unterschiede für eine christliche Politik nicht wichtig. Es ist keine Beliebigkeit, wenn ein Christ mal liberal, mal sozial, mal konservativ ist, wenn politische Fragen vom Evangelium aus betrachtet werden. Demokratien können in Pöbelherrschaft kippen, wenn Menschen in allen sozialen Schichten von einer besonderen seelischen Zucht (altertümlicher Begriff) fehlen. Es bedarf einer Werteelite von differenzierten, feineren, moralisch sensiblen Menschen, die eine überdurchschnittliche Wirkungschance haben, an denen sich eine Gesellschaft sich aus dem Sumpf menschlicher Abgründe ziehen kann. Wenn die Lauten, die Demagogen, die Gewissenlosen, die Opportunisten, die Menschenverächter ihren Hochmut abfeiern, dann ist die Demokratie existenziell gefährdet.

Püttmann hält ein Parteiverbotsverfahren der AfD aufgrund der Einstufung der Verfassungschutzämter für begründbar und möglich. Ein Verbot wäre zu rechtfertigen.


In den Ausführungen von Püttmann sehe ich Vieles, mit dem ich übereinstimme. Allerdings halte ich seine Position zur wirtschaftlichen Situation in Deutschland für zu unbestimmt und zu vage. Hier wünsche ich mir, insbesondere von der christlich konservativen Seite ein deutliches Bekenntnis zur Verteilungsgerechtigkeit und Umverteilung von Reich nach Arm. Was die Genderfrage betrifft, so meine ich, dass sich Sprache ändern kann, wenn es notwendig ist. Einst war die Bezeichnung Amtfrau umstritten und heute ist sie selbstverständlich. Sprache hat sich geändert.

Ich denke, auch ziviler Ungehorsam kann, soweit er gewaltfrei stattfindet, ein legitimes Mittel sein. Ich teile allerdings seine Meinung zum Festkleben auf der Straße. Zweifelsfrei hat die Wissenschaft nachgewiesen, dass sich das Klima ändert und es ist auch richtig, dass wir bei der Bekämpfung der Ursachen zu wenig tun. Auch ich halte das Kernanliegen, mehr gegen den Klimawandel zu tun, für gerechtfertigt, habe aber auch Zweifel an den Methoden einiger Weinigen. Die Argumentation allein juristisch zu führen, wäre für mich nicht ausreichend. 
Es gibt jedes Jahr Tausende Verkehrstote, die wir zwar bedauern, die jedoch nicht vollständig vermeidbar sind, wenn wir das Auto nicht abschaffen. Es gibt nachweislich viele Tote, die auf den Konsum von Zigaretten zurückzuführen sind und auch das wird akzeptiert und die Zigaretten werden nicht verboten. Auch gibt es viele Tote jedes Jahr durch zu wenig Bewegung und durch zu viel Übergewicht und auch das nehmen wir hin. Diese Liste kann durchaus erweitert werden. Ja, es ist richtig, dass sich die Bedingungen, unter denen wir den Planeten bewohnen, durch den Klimawandel erschweren und jede noch so geringe Erwärmung, die wir verhindern, ist wichtig.

Für mich stellt sich jedoch auch die Frage, ob wir wirklich alle Lebensrisiken beseitigen können und um welchen Preis. Schon in der Vergangenheit wurde das Ende der Freiheit beschworen bei der Einführung des Gurtes in den Autos und der Helmpflicht auf Motorrädern, was für uns heute selbstverständlich ist und auch ein Tempolimit in den Innenstädten und auf der Autobahn ist mehr als überfällig.
Aber ist das Ende der motorisierten Mobilität tatsächlich realistisch und wünschenswert. Natürlich hätten wir weniger Verkehrstote und auch dem Klima würde es nützen. Aber nicht allein der Verkehr verursacht CO2 Emissionen, sonder auch die Industrie und das Heizen den Wohnungen und da wird schon viel getan, vielleicht nicht genug. Es ist falsch zu meinen, die Welt ginge unter, wenn wir das 1,5 Grad Ziel nicht erreichen. Sie geht nicht unter, sondern wird unbequemer. 

Es ist also nicht allein eine Frage der physikalischen und meteorologischen Wissenschaft, was diese Welt vertragen kann, sondern auch eine Frage der juristischen Wissenschaft, der Soziologie, der Geografie, der Wirtschaft und nicht zuletzt der Psychologie und der Verhaltenswissenschaft. Schon lange gibt es die Erkenntnis, wie Veränderungen möglich sind. Schlussendlich ist es auch eine Frage der Bildung zu verstehen, was möglich ist, ohne dass sich das persönliche Leben radikal verändert und auch des Marketing, das aufhören muss, SUVs als das ideale Auto anzubieten. 
Wer meint, den Kampf gegen den Klimawandel auf eine meteorologisch physikalische wissenschaftliche Erkenntnis zu reduzieren und allen anderen eine bestimmte Lebensweise aufzwingen möchte, handelt nicht moralischer als derjenige oder diejenige, die nicht bereit ist, durch den Verzicht auf klimaschädliches Verhalten oder dessen Einschränkung zu einer besseren Welt beizutragen. Es muss Schluss sein mit moralischen, subtilen Unterstellungen und damit zu meinen, das bessere Leben zu führen, auch wenn es nicht ausgesprochen wird. Es muss aber auch Schluss sein zu meinen, es müsse sich nicht ändern. Wir brauchen ein kluges, durchdachtes und effektives Change Management, das die allermeisten Menschen mitnimmt. Das ist jedoch mit radikalen Positionen kaum zu erreichen.

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